„Sport?“, fragte mein Leben und zog eine Augenbraue hoch, „Nun, sagen wir so, wir pflegen eine freundschaftliche Beziehung, der Sport und ich.“ „Und warum ist da nie mehr daraus geworden?“, fragte ich, und mein Leben antwortete mit einem bedeutungsvollen Seufzer, als handle es sich um das Ende einer ganz großen Romanze: „Ach weißt du, es gibt einfach keinen Platz für ihn. Er kann mich nicht glücklich machen. Alles, was er von mir will ist Zeit und Energie und die kann ich ihm nicht geben. Ich habe tausend andere Sachen zu tun und kann ihm nicht die Aufmerksamkeit schenken, die er von mir verlangt. Arbeiten, Einkaufen, Wäsche waschen, das allein schlaucht ja schon. Und dann soll ich mich auch noch um ihn kümmern? Nein, das geht nicht. Dafür reicht die Kraft nicht.“
Mein Leben machte eine nachdenkliche Pause und fügte dann in leidvollem Ton hinzu: „Es setzt mich einfach unter Druck, wenn er mit mir zusammen sein will. Er verlangt so viel Ehrgeiz. Ehrgeiz entwickle ich höchstens beim Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielen. Er will, dass ich an meine Grenzen gehe. Wozu, frage ich mich? Was soll ich da? Wo es mir doch entspannt auf der Couch viel besser geht.“ Ich nickte verständnisvoll und bohrte nach: „Habt ihr es denn nicht mal miteinander versucht?“ „Doch, doch“, bestätigte mein Leben, „mehrfach sogar. Mit Rollenspielen hat er versucht, mich zu überzeugen, doch keine Sportart rief irgendeine Form von Begeisterung in mir hervor. Wasserspringen endete mit Höhenangst und Bauchklatschern, beim Handball lief ich eifrig zum falschen Tor, Krafttraining bescherte mir Kopfschmerzen und beim Yoga kippte ich um oder schlief ein.“ „Das ist ja eher blöd dann“, sagte ich und schwieg nachdenklich.
Mein Leben hingegen fuhr fort: „Überall wird davon geredet, wie bedeutsam er sei. Er wird gehypt wie ein Superstar. Und dann diese Groupies, die behaupten, nicht ohne ihn leben zu können, so viele Anhänger, die ihm frönen, sich ihm unterwerfen, alles in seine Dienste stellen. Das ist doch absurd. Ich kann ihm nicht mal zusehen, wenn er im Fernsehen läuft.“ Mein Leben klang nun etwas frustriert. „Wir sind einfach nicht füreinander gemacht.“
Es herrschte eine Weile Stille, dann fragte ich vorsichtig: „Habt ihr noch Kontakt?“ „Wir sehen uns gelegentlich. Das ist dann aber eher eine oberflächliche Geschichte.“ „Und das war’s dann? Nie wieder Sport?“, ich schaute mein Leben fragend an, „Ich meine ja nur, also, wir werden ja auch nicht jünger und -“, ich stockte auf der Suche nach den richtigen Worten, „also, ähm, der Bauch und der Po, zum Beispiel, die verlieren ja schon etwas an Form mittlerweile und, also, ich glaube, die Gesundheit freut sich auch, wenn der Sport öfter mal vorbeischaut. Vielleicht gibst du ihm doch noch eine Chance?“ Ich versuchte ein motivierendes Lächeln und blickte mein Leben erwartungsvoll an. Es dauerte eine Weile, bis es reagierte: „Dann soll er sich aber was einfallen lassen.“